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Individuelles Lernen mit computerbasierten Lernumgebungen
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Projekt:
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Hybride Repräsentationsformate für explorierendes Lernen
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Stand der Forschung / eigene Vorarbeiten.
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Das Verstehen komplexer Systeme beruht wesentlich auf dem Verstehen der Kausalrelationen zwischen den Systemelementen. Auf dem Computer lassen sich unterschiedlicher Repräsentationsformate realisieren, mit denen kausale Prozesse und Systeme dargestellt und simuliert werden können. Die Palette reicht von realistischen Bildern, Strichzeichnungen, Diagrammen bis zu symbolischen Programmiersprachen. Grafische und ikonische Repräsentationen gelten als gute Darstellungsmittel für konkrete Beispiele (z. B. die Skizze des Aufbaus einer Maschine), während man symbolische Repräsentationen typischerweise zur abstrakten Beschreibung von Abläufen heranzieht (z.B. mathematische Formeln, Programmiersprachen). Auf dem Papier können diese Formate beliebig gemischt werden.
Moderne Benutzerschnittstellen für Simulations- und Modellbildungssysteme beschränken sich normalerweise auf zwei Formate: Entweder benutzen sie Diagramme und Formeln (wie z.B. das Modellbildungssystem Modus) oder aber nur Realgrafiken und eine symbolische Programmiersprache ohne Datenflußdiagramme (wie z.B. das Animationsprogramm Macromind-Director).
Einflüsse unterschiedlicher Präsentationsformate auf kausales Denken und Urteilen sind experimentell belegt (Gigerenzer, 1993). Die theoretische Begründung dafür orientiert sich aber an der in der Psychologie vorherrschenden statistischen Behandlung von Kausalproblemen. Eine systematische Untersuchung des Einflussses von Darstellungsformen bei nichtstatistischen Kausalproblemen steht noch aus.
Im Projekt wird das bereits entwickelte grafische Produktionssystems GOOPS eingesetzt, das Realgrafiken, Datenflußdiagramme und eine symbolische Programmiersprache integriert (Oestermeier, 1995). Man kann sich dieses System als animierte Beispielskizzen vorstellen, bei denen unterschiedliche Aspekte unterschiedlich notiert werden, indem z. B. räumliche Verhältnisse durch Zeichnungen, kausale Abhängigkeiten durch Pfeildiagramme und Formeln durch symbolisch-algebraische Notationen festgehalten sind.
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Zielsetzungen.
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Gegenüber den herkömmlichen Simulationssystemen soll GOOPS dem Benutzer bessere Möglichkeiten bieten, einen Repräsentationsstil zu finden, der dem selbstgesteuert Lernenden die Durchführung von Simulationen erleichtert und ihn beim explorierendem Lernen unterstützt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Darstellung kausaler Zusammenhänge. Pfeildiagramme und symbolische Notationen können diese Zusammenhänge explizit machen, während in realistischen Animationen das Wissen um kausale Zusammenhänge meist stillschweigend vorausgesetzt wird.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
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Unter welchen Bedingungen sind visuelle Benutzeroberflächen besser als symbolisch-sprachliche Darstellungsmittel geeignet, einen Überblick über komplexe Kausalverhältnisse in einem Simulationssystem zu gewährleisten?
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Gibt es z.B. mechanische Kausalverhältnisse, die anhand von bloßen Animationen ohne sprachliche und diagrammatische Hilfen ebensogut wie mit diesen Hilfen verstanden werden kännen?
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Falls ja, gibt es Komplexitätsgrenzen, ab denen dies nicht mehr der Fall ist?
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Arbeitsprogramm.
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Zur Beantwortung dieser Fragen werden psychologische Theorien der Bildung von Kausalmodellen (Waldmann 1994) herangezogen und auf ihre Tauglichkeit geprüft. Es steht zu erwarten, daß statistische Theorien des Kausallernens nur bedingt auf deterministische Probleme anzuwenden sind und das Verstehen kausaler Mechanismen stärker berücksichtigt werden muß (Ahn et al. 1995). Das grafische Produktionssystem GOOPS, das als Grundlage für die Untersuchungen dient, ist weitgehend implementiert, bedarf aber noch einer weiteren Anpassung an die einzelnen Fragestellungen.
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Literatur.
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Ahn, W., Kalish C.W., Medin, D.L. & Gelman, S.A. (1995).
The role of covariation versus mechanism information in causal attribution.
Cognition, 54, 299 - 352.
Gigerenzer, G. (1993).
Die Repräsentation von Information und ihre Auswirkung auf statistisches Denken.
In W. Hell, K. Fiedler & G. Gigerenzer (Hg.), Kognitive Täuschungen (S. 99 - 127). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.
Oestermeier, U. (1995).
Anschauliches und logisches Denken.
Eine Kritik der Computertheorie des Geistes. Unveröffentlichte Dissertation.
Waldmann, M. R. (1994).
Der Erwerb von Kausalwissen.
Produktives und diagnostisches Lernen mit Kausalmodellen. Unveräffentlichte Habilitationsschrift.
Laufzeit: 1.1.1995 - 31.12.1997
Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Uwe Oestermeier, M.A.
© 1996 DIFF
Webmaster: hjwiesner@uni-tuebingen.de(hjwiesner@uni-tuebingen.de)
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Updated: Dezember, 1996
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